Bauarbeiter machen mobil: Am 22. September demonstrieren Bau-Beschäftigte aus Schweinfurt und der Region für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen in ihrer Branche. Mit einer Kundgebung um 11 Uhr auf dem Schweinfurter Amerika-Platz solle der Druck auf die Unternehmen im festgefahrenen Tarifkonflikt für das Bauhauptgewerbe erhöht werden, teilt die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) mit. Am gleichen Tag kommen Gewerkschaft und Arbeitgeber zur bereits fünften Verhandlungsrunde in Berlin zusammen.
„Das ist die letzte Chance am Verhandlungstisch. Sollte die scheitern, gibt es noch den Versuch einer Schlichtung. Danach könnte es auch in unserer Region bald zu Arbeitsniederlegungen auf dem Bau kommen“, warnt Hans Beer, Chef der IG BAU Franken. Die Gewerkschaft fordert in der seit Mai laufenden Tarifrunde für bundesweit 890 000 Beschäftigte ein Einkommensplus von 5,3 Prozent, eine Entschädigung der langen Wegezeiten zu den Baustellen und eine Angleichung der Ost- an die Westlöhne.
„Die Arbeitgeber haben am 22. September zum letzten Mal die Gelegenheit, einen Tarifvertrag in Verhandlungen – ohne Schlichtung und Arbeitskampf – abzuschließen. Diese Chance sollten sie nutzen – und den Unmut der Beschäftigten nicht unterschätzen“, sagt IG BAU-Bundesvorstandsmitglied Carsten Burckhardt, der unter anderem für das Bauhauptgewerbe zuständig ist. „Die wirtschaftliche Lage ist großartig. Aufträge ohne Ende, alleine es fehlt das Fachpersonal.“
Ein Thema brenne den Beschäftigten besonders auf den Nägeln: „Sie haben oft sehr lange Anfahrtswege, diese variieren sehr stark, heute hier, morgen dort. Sie haben keinen Einfluss auf ihre Einsatzorte und bekommen dafür keine Entschädigung. Das ist verlorene Lebenszeit, in der sie ihre Familien nicht sehen“, unterstreicht Burckhardt. Zuletzt hätten sich die Arbeitgeber bei diesem Thema verweigert. Auch in puncto Lohnerhöhung und Ost-West- Angleich müssten sich die Unternehmer bewegen, um keinen „heißen Herbst“ zu riskieren.
Hans Beer von der IG BAU Franken: „Die Beschäftigten haben während der ganzen Pandemie durchgearbeitet und zu vollen Auftragsbüchern bei den Firmen in der Region beigetragen. Gerade im Wohnungs- und Verkehrswegebau boomt trotz Corona das Geschäft. Es kann nicht sein, dass die Unternehmen die enorme Leistung der Bauarbeiter seit Monaten nicht anerkennen.“
Die Gewerkschaft verweist zudem auf Zahlen zum „Wirtschaftsfaktor Bau“. Nach einer aktuellen Schätzung des Pestel-Instituts erwirtschaftete Bayerns Baugewerbe im vergangenen Jahr rund 35,3 Milliarden Euro – zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Hinzu komme ein anwachsender „Bauüberhang“: Im Freistaat wurden zwischen 2011 und 2019 laut Pestel-Institut 109 000 Wohneinheiten mehr genehmigt als fertiggestellt. Diese Wohnungen müssen erst noch gebaut werden. Allein in Schweinfurt beläuft sich der Bauüberhang auf derzeit 435 Wohnungen. In der Stadt setzte die Baubranche im vergangenen Jahr 229 Millionen Euro um – 15 Prozent mehr als im Vorjahr.
Quelle: Main Post