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Warnstreik bei Gerry Weber

Beim Modekonzern Gerry Weber gab es Dienstag einen Ausstand. Die Gewerkschaft will den Druck auf die Arbeitgeber erhöhen. Die Aktion verlief anders als gewohnt.

Die Vertreter der IG Metall hatten Berliner und Kaffee mitgebracht – doch erwartungsgemäß blieb es vor der Konzernzentrale an der Neulehenstraße eine kleine Gruppe, die ein Zeichen im Arbeitskampf setzen wollte. „Wir waren etwa zehn Personen und hatten auch den Gerry-Weber-Betriebsrat bei uns“, berichtete Gewerkschaftssekretär Robin Grunenberg.

Lockdown und Schneechaos sorgten dafür, dass dieser Warnstreik ganz anders ablief als gewohnt. Etwa 100 Mitarbeiter von Gerry Weber hatten sich aus dem Homeoffice am Ausstand beteiligt. Per Abwesenheitsnotiz erklärten sie sich mit der Gewerkschaft solidarisch und machten gestern am späten Vormittag früher Feierabend. „Mit dieser Resonanz können wir zufrieden sein“, bilanzierte Grunenberg.

Dritte Runde der Verhandlungen ist krachend gescheitert

Die auch für die Textilindustrie zuständige IG Metall will mit dem Warnstreik den Druck in den laufenden Verhandlungen um den Flächentarifvertrag erhöhen. Die dritte Runde war am 29. Januar in Mönchengladbach ergebnislos abgebrochen worden. Die Fronten scheinen verhärtet, beide Seiten machen sich gegenseitig Vorwürfe. Am vergangenen Montag endete die Friedenspflicht, nun wird der Arbeitskampf verschärft geführt.

Die Gewerkschaft fordert vier Prozent mehr Entgelt für die Beschäftigten im Textilsektor, eine höhere Quote von Arbeitnehmern als die bisherigen zwei Prozent, die in Altersteilzeit wechseln dürfen, eine Verlängerung der Altersteilzeit sowie Beschäftigungssicherung. „Über eine Zusage, Arbeitsplätze zu erhalten, wollten die Arbeitgeber gar nicht sprechen“, sagt Robin Grunenberg. „Und sie wollen weder die Quote der Altersteilzeit erhöhen, noch ihren Zuschuss für jene, die diesen Weg gehen.“ Dabei könnten sich viele Arbeitnehmer eine Altersteilzeit ohne Aufstockung gar nicht leisten.

Was das Entgelt angeht, liegen beide Seiten ebenfalls weit auseinander. Die Arbeitgeber bieten 1,1 Prozent Erhöhung ab 2022 und noch einmal 1,2 Prozent ab 2023 – zudem fordern sie eine Laufzeit von 26 Monaten. Für 2021 hatten die Unternehmen eine Corona-Prämie angeboten.

Arbeitgeber sehen Branche in existenzieller Gefahr

Markus Simon, Verhandlungsführer der Textil- und Modewirtschaft, ließ nach den gescheiterten Verhandlungen die Säbel rasseln: „Angesichts der existenzbedrohenden Krise unserer Branche durch die Corona-Pandemie ist es absolut unverständlich, dass die IG Metall nicht auf unser Zukunftspaket in zwei Stufen eingegangen ist. Damit hat die Gewerkschaft die Chance verpasst, mit uns gemeinsam einen Weg aus der Krise zu gehen.“

Der Winterlockdown treffe vor allem die deutschen Bekleidungshersteller hart. „Die Läden sind weiter geschlossen, die Winterkollektionen liegen unverkauft in den Regalen, die Händler ordern keine neue Ware – nicht mal für das nächste Jahr“, sagt Simon. Auch die Hersteller technischer Textilien hätten durch die Corona-Pandemie massive Umsatzeinbrüche zu verkraften. Den Beschäftigten seien diese Probleme sehr wohl bewusst. „Ein Streik für die überzogene Forderung der IG Metall von vier Prozent mehr Lohn und Gehalt in diesem Corona-Krisenjahr wäre deshalb ein Tanz auf dem Vulkan“, so der Verhandlungsführer der Arbeitgeber.

Gerry Weber steckt ohnehin in einer besonderen Situation. Nach der Insolvenz des Modekonzerns wurde ein überarbeiteter Sanierungstarifvertrag für das Unternehmen ausgehandelt. Er läuft noch bis 2023 und führt die Beschäftigten bis dahin Schritt für Schritt an den Flächentarifvertrag heran. So haben die Gerry-Weber-Mitarbeiter 2019 und 2020 gar kein Weihnachts- und Urlaubsgeld erhalten, in diesem Jahr sollen es 25 Prozent sein, im kommenden 50 Prozent.

IG Metall will ein deutliches Zeichen setzen

Könnten überzogene Forderungen der IG Metall die Erholung des Unternehmens womöglich gefährden? „Die Mitarbeiter haben über den Sanierungstarif schon große Abstriche gemacht“, entgegnet Robin Grunenberg. „Da ist es jetzt Zeit, dass sie etwas zurückbekommen.“ Die Gewerkschaft sei auch in Zukunft bereit, gemeinsam mit Gerry Weber Lösungen zu finden, falls diese gebraucht würden. An ihren Forderungen für den Flächentarifvertrag hält sie dennoch fest.

Ute Herkströter, erste Bevollmächtigte der IG Metall in der Region, kommentierte den Warnstreik im Schnee abschließend launig im Arbeitskampf-Modus: „Wir stehen bei Gerry Weber, um uns für unsere Forderungen stark zu machen und trotz aller Umstände ein Zeichen zu setzen. Unsere Forderungen sind süß und inhaltlich wie die Berliner, die wir heute verteilt haben, passend zum warmen Kaffee. Das Angebot der Arbeitgeber hingegen zeigt keinerlei Entgegenkommen und kommt kaltem Kaffee gleich.“

Die nächste Verhandlungsrunde ist für Montag, 15. Februar, in München angesetzt.

Quelle: Haller Kreisblatt

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