Im öffentlichen Dienst haben die Warnstreiks begonnen: Statt wie zuletzt in Kitas soll der Arbeitskampf nun vor allem in Krankenhäusern geführt werden. Der Städte- und Gemeindebund hält den Ausstand für den „falschen Weg“.
Im Tarifstreit des Öffentlichen Dienstes haben die ersten Warnstreiks begonnen. „Wir fangen wie angekündigt mit kleineren betriebsbezogenen Aktivitäten an und werden dann den Schwerpunkt haben im Bereich der Krankenhäuser in den nächsten Tagen“, sagte ver.di-Chef Frank Werneke im Morgenmagazin von ARD und ZDF. Dort herrsche „besonders hoher Druck“.
Angesichts der Belastungen von Eltern in der Corona-Krise sei der Gewerkschaftsseite bewusst, dass Streiks in Kitas dagegen derzeit „besonders sensibel“ seien. Dieser Bereich stehe „nicht im Fokus“, betonte der er. Im Vorfeld der dritten Verhandlungsrunde am 22. und 23. Oktober sollen weitere Aktionen folgen. Ver.di verhandelt gemeinsam mit dem Beamtenbund dbb.
Gestreikt wird unter anderem in Freiburg, wo Beschäftigte der Verwaltung und von Kindergärten in den Ausstand treten. In Gütersloh rief ver.di die Beschäftigten des städtischen Klinikums, der Stadtverwaltung und der städtischen Kindertagesstätten auf, die Arbeit niederzulegen. Streikaktionen soll es auch in Unna, Duisburg und Remscheid geben. Auch für Rheinland-Pfalz und Niedersachsen kündigte ver.di Ausstände an. In Kiel sind die Mitarbeiter der Stadtwerke und des Städtischen Krankenhauses zu Warnstreiks aufgerufen. In Augsburg wollen Beschäftigte der Stadtentwässerung streiken.
„Streiks sind unverhältnismäßig“
Der Städte- und Gemeindebund verurteilte die Warnstreiks. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte der „Bild“-Zeitung, dies sei „der falsche Weg“. Die aktuelle Steuerschätzung habe bestätigt, dass die Steuereinnahmen der Kommunen in den kommenden Jahren einbrechen werden. Auch der Deutsche Städtetag forderte eine Tariflösung am Verhandlungstisch – unter anderem mit Blick auf die Corona-Krise.
Kritik gibt es auch von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). „Wir lehnen es rigoros ab, dass die Menschen in unseren Kommunen durch Streiks in Mitleidenschaft gezogen werden – gerade in einer Zeit, in der in vielen Teilen der Wirtschaft Insolvenzen und der Verlust von Arbeitsplätzen drohen“, sagte VKA-Hauptgeschäftsführer Niklas Benrath der „Rheinischen Post“. „Zum jetzigen Zeitpunkt sind Streiks unverhältnismäßig.“
Vorwurf: „Momentum dieser Pandemie für sich nutzen“
Im Tarifstreit fordern die Gewerkschaften 4,8 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 150 Euro, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die kommunalen Arbeitgeber wollen eine längere Laufzeit. Direkt verhandelt wird für 2,3 Millionen Tarifbeschäftigte von Bund und Kommunen. Auf die mehr als 200.000 Beamten soll das Ergebnis nach Ansicht der Gewerkschaften übertragen werden.
Ver.di-Chef Werneke kritisierte, dass die öffentlichen Arbeitgeber in der Corona-Krise nicht bereit gewesen seien, eine Einmalzahlung zu leisten und dann wegen des Ansteckungsrisikos die Tarifrunde auf das kommenden Frühjahr zu verschieben. „Sie wollen auch das Momentum dieser Pandemie für sich nutzen“, sagte der Gewerkschafter. Zudem fehle von den Arbeitgebern ein Angebot.
Angebot der Arbeitgeber angekündigt
Das soll sich bald ändern: Der Verhandlungsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, Ulrich Mädge, kündigte im BR ein Angebot für die nächste Verhandlungsrunde an: „Wir werden vorlegen. Wir werden schon vorher das den Gewerkschaften mitteilen. Wir wollen also nicht diesen Überraschungseffekt haben“. Dass es bisher noch kein Angebot gab, begründete er damit, dass man sich im Vorfeld darauf verständigt habe, drei Themen besonders zu verhandeln, nämlich Flughäfen, Krankenhäuser und Sparkassen. Die entsprechenden Arbeitsgruppen hätten aber erst ein Mal getagt. „Das sind wesentliche Bestandteile eines Angebots. Es geht ja nicht nur um die lineare Erhöhung.“ Hätte man bereits ein Angebot vorgelegt, wäre dies demnach unvollständig gewesen, so Mädge.
Die Forderungen der Gewerkschaften hält Mägde für „nicht machbar“. „Sechs Milliarden Euro für das gesamte Bundesgebiet geht überhaupt nicht.“ Das sei gerade so viel Geld, wie die Kommunen vom Bund für die Gewerbesteuerausfälle bekommen hätten. „Wir sagen ja nicht Nullrunde oder Minusrunde, aber man muss sich dieser besonderen Verantwortung bewusst sein vor dem Hintergrund auch, dass andere zur Zeit um ihre Arbeitsplätze und um ihre Existenz kämpfen.“
Quelle: Tagesschau