Humanistischer Verband in Berlin will Lohnhöhe hausintern regeln. Gewerkschaft protestiert
Das Bürogebäude am Franz-Mehring-Platz 1 in Berlin wird am Montag um 17 Uhr Schauplatz eines außergewöhnlichen Protests. Drinnen tagt das Präsidium des Humanistischen Verbands Berlin-Brandenburg, draußen werden Beschäftigte mit Gewerkschaftsfahnen demonstrieren. Verdi und GEW rufen zu der Aktion bei dem sonst als progressiv geltenden Verband auf, weil dieser keine Tarifverhandlungen mehr mit ihnen führen will. Statt dessen möchte der HVD-Vorstand die Bezahlung mit dem Betriebsrat regeln – ein Vorgehen, das sonst eher bei profitorientierten Unternehmen üblich ist.
»Damit verabschiedet sich der Verband von Verhandlungen auf Augenhöhe«, kritisierte Verdi-Verhandlungsführer Ivo Garbe am Freitag gegenüber junge Welt. Betriebsräte seien dem betrieblichen Frieden verpflichtet und könnten nicht zum Streik aufrufen, weshalb per Gesetz nicht sie, sondern die Gewerkschaften für Lohnverhandlungen zuständig seien. »Das Vorgehen war offenbar von langer Hand geplant«, vermutet Garbe. Schon eine Dreiviertelstunde nachdem der Vorstand die Tarifverhandlungen am Donnerstag für gescheitert erklärt hatte, seien umfangreiche Dokumente verschickt worden. »Das hat gezeigt, dass der Arbeitgeber überhaupt nicht die Absicht hatte, ernsthafte Verhandlungen zu führen.«
Die Gewerkschaften seien dem Verband mit dem Angebot eines längerfristigen Stufenplans zur Angleichung des Haustarifvertrags an den Tarifvertrag der Länder (TV-L) weit entgegengekommen, betonte Garbe. Doch der Vorstand wies die Offerte zurück und machte statt dessen einen Vorschlag, der nach eigenen Angaben um 2,3 Millionen Euro niedriger ausfällt. Er würde nur für einen Teil der 1.300 Beschäftigten nennenswerte Verbesserungen beinhalten, andere aber schlechterstellen. Die Gewerkschaften bewerteten dies als unverhohlenen Spaltungsversuch und rufen nun zum Protest.
Dass die Beschäftigten, die in Kitas und Sozialeinrichtungen arbeiten, aktionsbereit sind, haben sie bereits vor dem pandemiebedingten Shutdown bewiesen: Am 11. März beteiligten sich gut 150 von ihnen am ersten Streik in der Geschichte des Verbands. Sollte dieser seinen antigewerkschaftlichen Kurs fortsetzen, könnten weitere folgen.
Quelle: Junge Welt