Beschäftigte der Firma Hochtief treten in den Warnstreik. Vom Arbeitgeber-Angebot sind sie enttäuscht. Bisher ist der Autobahnausbau auf sechs Spuren im Zeitplan – bis zum Jahresende soll die Baustelle Bad Rappenau-Untereisesheim abgebaut werden.
Rund 100 Bauarbeiter der Firma Hochtief haben am Donnerstagmorgen unter der Neckartalbrücke der A6 die Arbeit niedergelegt und sind in einen dreistündigen Warnstreik getreten. Dort, wo sie sonst seit Monaten unter Termindruck an dem komplexen Brückenbauprojekt arbeiten, ruhte erst einmal alles.
Eine klare Forderung ist eine Wegezeitentschädigung
1,5 Prozent mehr Lohn hat Hochtief bisher für den Haustarif angeboten. Für IG-Bau-Regionalleiter Andreas Harnack ist das angesichts von 16 Prozent Dividende für Aktionäre “unverschämt”. Auftragsbücher bei Hochtief seien voll, die Bauarbeiter hätten seit dem Frühjahr durchgearbeitet. Mit 6,8 Prozent mehr Lohn fordert die IG Bau einen satten Zuschlag. Und: Da die Arbeiter teilweise Hunderte Kilometer zu den Baustellen fahren, geht es auch um eine Wegezeitentschädigung.
Mit Fahnen und Corona-Masken versammelten sich die Streikenden, einige zogen auf ein hohes Brückengerüst und winkten Autofahrern vor einem Streik-Banner zu. Aus Wien reist Hochtief-Mitarbeiter Thomas Kapuy (46) alle 14 Tage im Firmenwagen auf die Baustelle an, wohnt dann zwölf Tage in einer kleinen Unterkunft mit eigenem Schlafzimmer. 700 Kilometer sind das einfach. “Da bleibt viel Freizeit auf der Strecke”, sagt er. Er erwartet ein faires Angebot für die anstrengende Arbeit. Auch Dieter Herbert (65) aus Baden-Baden fordert eine “vernünftige Lösung”. Ein 1,5-Prozent-Angebot zeige, wie wenig die Firmenleitung “ihre Mitarbeiter schätzt”. Ob umgekehrt 6,8 Prozent Forderung im Corona-Krisen-Jahr nicht etwas überzogen sind? Herbert verweist auf die Verhandlungen. Dies sei ja ein Einstieg.
Grillwürste im Brötchen werden gereicht, die Stimmung ist gut. IG-Bau-Regionalleiter Harnack erklärt, die Mitglieder seien auch zu weiteren Streiks entschlossen.
Firmensprecher erwartet eine faire Lösung beider Seiten
In der Hochtief-Zentrale in Essen verweist ein Sprecher auf die laufenden Gespräche. Ein Wegezeitgeld sei Gegenstand der Verhandlungen. Die 16-prozentige Dividende und das aktuelle Angebot möchte er nicht kommentieren. Er geht davon aus, dass die Tarifparteien “eine faire Lösung finden”.
Was bedeutet der Streik für den Fortgang des A6-Ausbaus? Hochtief ist nur eine von mehreren Baufirmen auf den Baustellen. Bisher liegt das Firmenkonsortium ViA6West bei den Bauarbeiten im Zeitplan. Nach wie vor ist es zum Beispiel das Ziel, die Baustelle zwischen Bad Rappenau und Untereisesheim bis zum Jahresende wieder abzubauen.
An der bestreikten Neckartalbrücke wird im kommenden Jahr indes kräftig weiter gearbeitet, sieht die Planung vor. Bis zum Spätjahr 2022 soll der komplette sechsspurige Ausbau der A6 bis zum Weinsberger Kreuz mit allen neuen Brücken dann beendet sein.
Quelle: Stimme.de