Keine Streiks, sondern Reallohnverzicht bei der Bahn – Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft!

Erklärung zur Annahme des Schlichterspruchs zwischen EVG und Deutscher Bahn

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Erklärung zur Annahme des Schlichterspruchs zwischen EVG und Deutscher Bahn

Seit Januar laufen die Tarifverhandlungen zwischen der Gewerkschaft EVG und der Deutschen Bahn. Im März kam es dann zu Warnstreiks, die für einen Tag einen Großteil des Nah- und Fernverkehrs lahmlegten. In der bürgerlichen Presse wurde stark gegen die Streikenden gehetzt.

Die Gewerkschaft EVG forderte zu Beginn 650 Euro mehr Lohn pro Monat bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von 12 Monaten. Nach Ende der Laufzeit hätte dann erneut verhandelt und gestreikt werden dürfen. Die Bahn bot 400 Euro auf 27 Monate an.

Im Juli stellte eine „Schlichtungskommission“ dann ihr Ergebnis vor: darin vorgesehen waren dann 410 Euro auf 25 Monate – ein klarer Erfolg für die Chefs der Deutschen Bahn. Zusätzlich sollte es eine Einmalzahlung von 2850 Euro im Oktober geben. Doch selbst die EVG-Führung musste zugeben, dass diese nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei.

Knappe Hälfte der EVG-Mitglieder stimmt gegen unbefristeten Streik

Wie zu erwarten, empfahl der Vorstand der EVG den Arbeiter:innen trotzdem den Vorschlag anzunehmen und gegen Streiks zu stimmen. Eine übliche Masche der Gewerkschaftschefs ist es dabei, den Arbeiter:innen mit der Aussage Angst zu machen, dass man bei einer Ablehnung des Angebots mit leeren Händen dastehen würde.

Am Montagnachmittag wurden die Ergebnisse der Abstimmung bekanntgegeben: Bei einer Wahlbeteiligung von etwa zwei Dritteln stimmten 52,3 Prozent für die Annahme des Angebots. 48,7 Prozent stimmten für den unbefristeten Streik.

Die EVG sprach auf allen ihren Kanälen von einer „klaren Mehrheit“ und Cosima Ingenschay, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der EVG, beschönigte das Ergebnis der Abstimmung noch weiter, denn „die, die nicht abgestimmt haben sind ja eher die, die zufrieden sind“.

20 Prozent Reallohnsenkung bis 2025

Von Januar 2021 bis heute beträgt die Inflation ganze 17 Prozent. In diesem Zeitraum gab es jedoch nur einmal eine Erhöhung von 1,5 Prozent zum 1.1.2022. Das heißt die Löhne müssten um 15,5 Prozent erhöht werden – nur um die vergangene Inflation auszugleichen!

Doch tatsächlich gibt es laut EVG bei dieser Verhandlungsrunde nur ein durchschnittliches Plus von etwa 14 Prozent – die Bahn spricht sogar nur von 11 Prozent. In der Realität bedeutet das eine heftige Reallohnsenkung. Denn es fehlt nicht nur am Ausgleich der bisherigen Inflation, sondern die Inflation dürfte ja auch 2024 und 2025 weiter zu Preissteigerungen führen – und dazu dass wir uns mit dem gleichen Lohn weniger leisten können.

Die nun geplanten 410 Euro Lohnerhöhung werden schrittweise ausgezahlt. Ab Dezember 2023 wird es die erste Hälfte geben, ab August 2024 die zweite. Für die Arbeiter:innen bedeutet das, dass seit der letzten Lohnerhöhung dann fast 2 Jahre vergangen sind. Zudem sollen sie bis eineinhalb Jahre nach Beginn der Verhandlungen warten, bis die gesamten Lohnerhöhungen ausgezahlt sind. Es ist klar: die 25 Monate sind eine viel zu lange Laufzeit, die bei einer weiter steigenden Inflation nur negative Auswirkungen haben kann.

Die Reallöhne werden also nicht ansatzweise ausgeglichen, sondern das Gegenteil ist der Fall. Bis zu 20 Prozent Reallohnsenkung bis Anfang 2025 im Vergleich zu 2021 sind für die Arbeiter:innen zu erwarten.

EVG-Vorstand: „Man kann nicht abstreiten, dass es Geld ist“

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der EVG, Kristian Loroch sagte in der Pressekonferenz am Montagnachmittag, dass es das wichtigste sei, dass es Geld gibt und „das kann man nicht abstreiten, dass es Geld ist“. Auch eine Nachverhandlung im Herbst – nach den Verhandlungen der anderen bei der Eisenbahn aktiven Gewerkschaft GDL – wurde von der EVG bereits ausgeschlossen.

Unter den Beiträgen der EVG in den sozialen Medien sammeln sich bereits wütende Kommentare. Ein Kommentar trifft es auf den Punkt: „Die EVG – das ist die EinkommenVerringerungsGewerkschaft“

Organisieren wir uns selbst für unsere Interessen!

„Sozialpartnerschaft ist das, was wir machen“, sagte Loroch in der Pressekonferenz. Unsere Antwort auf diese sozialpartnerschaftliche Arbeit der Gewerkschaften im Interesse der Unternehmen ist klar:

Wir dürfen uns nicht damit zufrieden geben, was „Stellvertreter“ für uns „sozialpartnerschaftlich“ aushandeln. Wir müssen selber aktiv werden – auf der Straße und in den Betrieben! Wir müssen uns mit unseren kämpferischen Kolleg:innen in unseren Betrieben zusammenschließen und mit einer klassenkämpferischen Perspektive aufzeigen, dass wir es nicht zulassen dürfen, dass die Front der Sozialpartnerschaft aus Bahn und EVG Spitze uns mit Brotkrümeln abspeist.

Organisieren wir uns also selbst für unsere Interessen und kämpfen gemeinsam für unsere Rechte und Interessen!