34 Jahre Deutsche Einheit – zumindest auf dem Papier

Was haben Mauerfall, Arbeitskämpfe und Erstarken des Faschismus in den neuen Bundesländern miteinander zu tun?

Nach dem Mauerfall am 9. November 1989 wurde die DDR am 3. Oktober 1990 offiziell an in die BRD eingegliedert. Was medial und von den Poliker:innen als große Vereinigung und von uns ehemaligen DDR-Bürger:innen als Weg in die westliche Freiheit zelebriert wurde, sieht in der Realität ganz anders aus. Was bis heute als friedliche Revolution verkauft wird, ist für das deutsche Kapital vor allem Anlass sich Absatzmärkte, Produktionsmittel und Arbeitskräfte einzuverleiben.

Es ging zu keinem Zeitpunkt um Demokratie und Freiheit für uns Ostdeutsche. Die Treuhand überführte 85% des volkseigenen Vermögens der DDR in die Hände westdeutscher Unternehmen. Die Folgen waren die Schließung von Fabriken, Massenarbeitslosigkeit und Geldveruntreuung in Millionenhöhe von westdeutschen Kapitalisten. Noch heute verdienen wir im Osten rund 20% weniger als im Westen.

Diese Ungerechtigkeit müssen wir in unseren Arbeitskämpfen aufgreifen. Ein Erkämpfen einer Lohnangleichung hat den Vorteil, dass wir nicht mehr anhand von West und Ost und Lohnkämpfen gespalten und so Löhne gedrückt werden können.

Wir sehen auch heute noch die Folgen der Zerschlagung einer kompletten Volkswirtschaft: wo früher die Grenze war, klafft heute eine ökonomische und kulturelle Lücke. Seit Anfang der 90er bis heute hält der Absturz der Wirtschaftsleistung und der Lebensstandards in seinen Auswirkungen an.

Als „Wendeverlierer“ ist es also nicht verwunderlich, dass gerade hier das Verständnis einhergeht abgehangen zu sein. Vielerorts ist das der perfekte Nährboden für Wut und Hass. Zu lange haben wir als Antifaschist:innen es den Rechten überlassen, sich in Ostdeutschland breit zu machen. Es ist unsere Aufgabe, berechtigte Unmut aufzugreifen und rückschrittliches Denken zurückzudrängen.

Um das Erstarken faschistischer Kräfte in Brandenburg, Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern zu verstehen, müssen wir unsere Geschichte verstehen. Um ein erneutes Rostock-Lichtenhagen zu verhindern, müssen wir uns als fortgeschrittene Kräfte zusammenschließen und den Faschismus nicht nur im Internet, sondern auch auf den Straßen und in den Betrieben bekämpfen.

Wir müssen mit unseren Kolleg:innen diskutieren, warum keine migrantische Arbeiter:innen, sondern unsere Chefs von unseren miserablen Arbeitsbedingungen profitieren. Denn von der Wiedervereinigung profitieren diejenigen, die sich nicht nur an der Arbeitskraft westdeutscher, sondern auch ostdeutscher Arbeiter:innen bereichern.

Darum lassen wir uns nicht in Ost gegen West spalten! Wir kämpfen vereint gegen die herrschende Klasse!