EDEKA: Ein „einfacher Weg“, um unliebsame Mitarbeiter:innen loszuwerden

Laura und Christina arbeiten in einer EDEKA-Filiale in Berlin. Den geringfügig Beschäftigten und studentischen Arbeitskräften wurden dort die im Tarifvertrag vorgesehenen Spät- und Nachtzuschläge nicht gezahlt. Gemeinsam mit Kolleg:innen haben sie sich entschieden, einzufordern, dass auch ihre Nacht- und Spätzuschläge gezahlt werden. Aber EDEKA rächt sich mit dem Auslaufenlassen von Verträgen. Im Interview berichten sie von ihrer Situation.

Hallo Laura, hallo Christina, als Kolleg:innen habt ihr gemeinsam beschlossen, die euch zustehenden Nacht- und Spätzuschläge bei eurem Arbeitgeber einzufordern. Warum habt ihr euch dazu entschieden, euch gemeinsam zu wehren?

Laura: Zum einen, weil die Zuschläge ja allen Mitarbeitern gleich zustehen, wir wollten also möglichst vielen die Chance bieten, die ihnen zustehenden Forderungen zu stellen. Zum anderen waren wir der Meinung, dass durch eine größere Anzahl an Leuten, die die Forderung stellen, auch die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass wir erfolgreich sind.

Wie hat EDEKA auf eure Forderungen reagiert?

Laura: Wir haben kurz vor Ende der Frist, die wir gesetzt hatten, einen Brief von der Personalabteilung bekommen, dass sie unser Anliegen prüfen und sich nach erfolgreicher Prüfung wieder an uns wenden werden. Danach kam einige Zeit nichts, bis unser Chef sich nach 4 oder 5 Wochen an einige Kollegen gewandt und uns mitgeteilt hat, dass den Forderungen der studentischen Aushilfen stattgegeben wurde. Eine schriftliche Zusage, auch mit dem Termin der Auszahlung, haben wir aber nie erhalten. Anders sah es bei den 450-Euro-Kräften aus: Bei ihnen gab es eine Absage ohne weitere Begründung, wir vermuten aber, dass das an einer fehlenden Formulierung im Arbeitsvertrag liegt.

Kürzlich hat euer Filialleiter euch dann mitgeteilt, eure befristeten Arbeitsverträge nicht verlängern zu können. Wie ist es dazu gekommen?

Christina: Im Gegensatz zu meinen Kolleg:innen habe ich erst 5 Monate später eine Forderung gestellt und die Nachtzuschläge meiner gesamten Arbeitszeit eingefordert. Nach zwei Wochen bat ich meinen Filialleiter um ein Gespräch, um meine Vertragsverlängerung zu besprechen. Dabei erklärte er mir, dass meiner Forderung stattgegeben wurde, aber aufgrund dessen eine Umstrukturierung unserer Filiale erfolgen muss und mein Arbeitsverhältnis leider nicht verlängert werden kann.

Laura: Nach der Zusage seitens des Chefs wurden einigen Kollegen, die die Forderung gestellt hatten, neue Verträge angeboten, in denen nicht mehr auf den Tarifvertrag Bezug genommen wird, d.h. es wollte so umgangen werden, dass die Zuschläge gezahlt werden müssen. Da alle sich erst mal enthielten und um Bedenkzeit gebeten haben, haben sie wohl gemerkt, dass sie damit nicht durchkommen. Weil bei einer Befristung ja kein Grund für eine Nicht-Verlängerung genannt werden muss, war das wohl ein einfacher Weg, um „unliebsame“ Mitarbeiter loszuwerden. Dazu sollte vielleicht noch gesagt werden, dass mir bei meiner Einstellung gesagt wurde, dass diese Befristung eine reine Formalie sei und eigentlich mehr oder weniger „automatisch“ verlängert werde.

Christina: Auch mir wurde bei der Einstellung mitgeteilt, dass es sich bei der Befristung lediglich um eine Formalie handelt und sich der Vertrag ohne Probleme verlängern wird.
Einen Monat vor Ablauf meiner Befristung bat ich meinen Chef um ein Gespräch. Er war schon dabei Feierabend zu machen, meinte aber, dass könnte man kurz noch erledigen. Er erklärte mir, dass mir meine Zuschläge ausgezahlt werden, bzw. in seinen Worten: „Das, was Sie halt eingefordert haben!“ Aber auch, dass dies gleichzeitig der Grund ist, warum eine Verlängerung meines Vertrages nicht möglich ist. Ich bat daraufhin um eine Ausstellung eines Arbeitszeugnisses, damit ich die Zeit bis zur Vertragsbeendigung nutzen kann, mir einen neuen Job zu suchen. Doch auch das habe ich bis jetzt, drei Wochen später, nicht bekommen.

Eure Filiale ist eine Filiale, die direkt an den EDEKA-Konzern angegliedert ist. Glaubt ihr, die Art, wie mit euch umgegangen wird, hat bei EDEKA System?

Laura: Das ist gut vorstellbar, da die (Arbeits-)Verträge ja nicht von den einzelnen Filialen erstellt werden, sondern von „weiter oben“ kommen.

Seht ihr Chancen, euch gegen diese Behandlung wehren?

Laura: In meinem Falle eher nicht, da ich mir ein rechtliches Vorgehen dagegen eher schwierig vorstelle. Es würde mir schon reichen, wenn die Kunden von dem Vorfall erfahren und sich selbst eine Meinung bilden, da ja gerade EDEKA durch seine „tollen Werbungen“ viel Ansehen genießt.

Christina: Ich denke nicht, dass es möglich ist, sich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu wehren. Aber man kann Aufmerksamkeit für die Behandlung „kleiner Arbeitskräfte“ generieren und EDEKA und auch anderen Unternehmen zeigen, dass man mit seinen Arbeitskräften so nicht umgehen kann. Zur Einstellung habe ich eine Willkommensmappe von EDEKA bekommen mit dem aufgedruckten Spruch: „[Herzsymbol] ist, wenn Mitarbeiter eigentlich Miteinanderarbeiter sind.“ Dies war für mich erst dann wirklich der Fall, als wir uns gemeinsam gegen unseren Arbeitgeber verteidigt haben.

Was würdet ihr den Kund:innen bei EDEKA sagen wollen?

Christina: Ich würde die Kunden gerne bitten, sich zu überlegen, ob sie dem guten Image EDEKAs glauben wollen. Vor allem möchte ich aber diejenigen ansprechen, die sich ebenfalls in einem Arbeitsverhältnis befinden, in dem sie ungerecht behandelt werden. Jeder Arbeitnehmer eines Unternehmens ist wichtig und sollte auch genauso behandelt werden!

Die Namen der Beiden wurden von der Redaktion anonymisiert.

Quelle: Perspektive Online