Mitarbeiter des Nürnberger Klinikums legten in den letzten beiden Tagen die Arbeit nieder. Sie fordern ein sichtbares Stück Anerkennung: Mehr Geld, mehr Pausen, mehr Personal. Dass es uns das wert sein sollte, das sollten wir spätestens seit Frühjahr wissen, kommentiert NN-Redakteurin Franziska Holzschuh.
Streiks sind ein ganz normales Mittel des Arbeitskampfes: “Zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen”, wie es im Grundgesetz heißt. Jedes Jahr erlebt jeder Bürger mehrere dieser Auseinandersetzungen hautnah. Sei es, weil der Müll nicht pünktlich abgeholt wird oder der Flieger am Boden bleibt.
Man liest in den Zeitungen von dem Arbeitskampf, von den Bedingungen, die von der einen Seite aufgestellt werden, von den Angeboten der anderen – und dann, oft nach vielen Monaten, von der Einigung.
In diesem besonderen Jahr ist alles etwas anders. Das hatte man schon sehen können, als Mitarbeiter der städtischen Verkehrsbetriebe VAG Busse, U- und Straßenbahnen stehen ließen. Und sich Pendler an der Haltestelle ungebührend nah kamen für Corona-Zeiten. Und die Frage aufkam: Muss das denn gerade jetzt sein?
Steigende Zahlen
In der Auseinandersetzung rund um die Kliniken wird sie noch lauter gestellt. Vehement verweisen die Arbeitgeber auf Stationen, die aufgrund des Streiks nicht adäquat versorgt werden könnten. Auf Operationen, die verschoben werden müssten. Und auf Betten, die eigentlich für Notfall-Covid-19-Patienten freigehalten würden, wegen des Streiks nun aber nicht zur Verfügung stünden. Und das bei steigenden Corona-Zahlen. Sicher, die Klinik-Leitungen stehen unter Druck, gerade jetzt genügend Betten vorhalten zu müssen, wohl wissend, dass die Zahl der Intensivpatienten bald stark steigen könnte. Wenn sie den Schwarzen Peter allein den Gewerkschaften zuzuschieben, machen sie es sich jedoch doch etwas leicht.
Die Gegenseite wiederum ist nicht zu beneiden. Sie verweist zum einen darauf, dass der Betrieb aus ihren Augen sehr wohl gut aufrechtzuerhalten sei.
Ihnen geht es in der Auseinandersetzung um mehr Lohn, aber auch um bessere Arbeitsbedingungen. Um eine Aufwertung und Entlastung, wie Streikende formulierten.
Was viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders wütend macht: Im Frühling wurden sie noch beklatscht und für ihre Arbeit gefeiert. Sie waren die Helden dieser ersten Corona-Tage, als alle von den steigenden Zahlen schockiert waren und sich eine Gefühl der Solidarität in der Gesellschaft ausgebreitet hattet. Da war man den Verkäuferinnen, den Mitarbeitern der Müllentsorgung oder eben dem medizinischen Personal dankbar für ihre Arbeit in der Krise.
Kaufen konnten sich die Gefeierten davon aber nichts. Und geblieben ist wenig. Nun wollen sie ein sichtbares Stück Anerkennung – siehe oben: Mehr Geld, mehr Pausen, mehr Personal. Dass das nicht umsonst ist, muss klar sein. Und dass Kostensteigerungen im Gesundheitssystem letztlich auf jeden einzelnen umgelegt werden, auch. Dass es uns das wert sein sollte, das sollten wir spätestens seit Frühjahr wissen.
Quelle: Nordbayern.de