Am 19. Dezember 2020 gab es in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Artikel mit der Überschrift: „Bahn: Streik-Gefahr trotz Rekordverlust – Machtkampf der Gewerkschaften EVG und GDL“. Was hier wie eine überraschende Erkenntnis veröffentlicht wird, zeichnet sich seit geraumer Zeit ab. Tatsächlich dürfte es im Frühjahr 2021 eine harte Tarifauseinandersetzung zwischen dem Vorstand der Deutschen Bahn AG und der GDL geben. Wobei es in diesem Kampf letzten Endes auch darum geht, dass erstmals und ausgerechnet in einem Staatskonzern das Tarifeinheitsgesetz durchgesetzt werden soll. Von Winfried Wolf
Es handelt sich dabei um ein undemokratisches und antigewerkschaftliches Gesetz. Dieses wurde 2015 von der CDU/CSU-SPD-Regierung – unter der Federführung der damaligen SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles – durchgesetzt. Es wurde am 28. Oktober 2015 erstmals von Frau Nahles öffentlich vorgestellt – exakt zu dem Zeitpunkt, als der Arbeitskampf der GDL in die erste heiße Phase gelangte. Ein präzises, politisches Timing, fürwahr.
Nach dem – im Juni 2015 in letzter Lesung beschlossenen – Tarifeinheitsgesetz soll es in ein und demselben Betrieb nur noch eine Gewerkschaft geben, die als Tarifpartner, der auch einen eigenständigen Tarifvertrag abschließen kann, infrage kommt. Und das ist die jeweils stärkste. Damit wird auch das Streikrecht einer Gewerkschaft, die nicht die Mehrheit unter den gewerkschaftlich Organisierten hinter sich hat, infrage gestellt. In der offiziellen Begründung des Gesetzesentwurfs wurde auch unzweideutig festgehalten, dass ein Streik, zu dem „eine Minderheitsgewerkschaft aufruft“, „nicht rechtmäßig, weil unverhältnismäßig“ sei.
Das Gesetz wurde vom DGB als Dachverband und von einzelnen DGB-Gewerkschaften, so der Eisenbahn-Verkehrsgewerkschaft (EVG), unterstützt; einige wenige DGB-Gewerkschaften, so Verdi, lehnten es ab. Der GDL-Arbeitskampf wurde auch von Gewerkschaftsaktiven aus dem DGB-Bereich und von linken und fortschrittlichen Menschen unterstützt. Ich initiierte damals eine Publikation mit dem Titel „Streikzeitung – Ja zum GDL-Arbeitskampf – Nein zum Tarifeinheitsgesetz“, die von einem breiten Bündnis aus DGB-Gewerkschaftsmitgliedern und linken Gruppen getragen wurde. Die Zeitung erschien während des Streiks in hoher Auflage (bis zu 80.000 Ex.), mit sechs Ausgaben, dabei einmal als Beilage der „Frankfurter Rundschau“.
Das Gesetz öffnet der Willkür Tür und Tor: Was ist ein Betrieb? Wie schnell kann ein Arbeitgeber die Grenzen für einen Betrieb neu und so ziehen, dass eine unliebsame, kampfstarke Gewerkschaft plötzlich die numerisch schwächere ist!? Wie wird festgestellt, welche Gewerkschaft die stärkere ist? Wie sieht es gar aus, wenn es drei Gewerkschaften geben sollte? Dürfen dort die beiden schwächeren ihre Kräfte gegen die relativ stärkste bündeln? Wer darf wem in die Mitgliederlisten schauen? Ein Notar, lautet die Antwort. Doch wer stellt den Notar? Und wie „dicht“ sind die Unterlagen bei diesem Notar? Müssen gewerkschaftlich Aktive nicht Repressalien von ihrem Arbeitgeber befürchten, wenn sie als Gewerkschaftsmitglied direkt namentlich (oder „um drei Ecken“) geoutet werden?
Das Tarifeinheitsgesetz richtet sich gegen sogenannte Spartengewerkschaften. Faktisch sollen Gewerkschaften wie der Marburger Bund oder Cockpit oder eben die GDL, die sich teilweise als kampfstark erwiesen haben, gefügig gemacht werden. Jens Berger formulierte dies in der bereits zitierten „Streikzeitung“ wie folgt: „Wenn die vermeintlich große DGB-Gewerkschaft [EVG; W.W] vor allem durch ihren arbeitgeberfreundlichen Kurs aufgefallen ist, während die GDL die ureigenen Funktionen einer Gewerkschaft übernommen hat, sollte die GDL auch jedes Recht haben, im Namen der Arbeitnehmer Tarifverträge zu verhandeln. Dass dies der EVG nicht schmeckt, ist klar. Dass die Deutsche Bahn AG lieber mit nur einer einzigen, leicht zu händelnden, Gewerkschaft am Tisch sitzt, ist ebenfalls klar. […] Ich jedenfalls bin ein GDL-Versteher und wünsche der GDL viel Erfolg im Arbeitskampf.“
Dieser GDL-Arbeitskampf 2014/15 war dann ausgesprochen hart. Trotz eines medialen Trommelfeuers gegen die Gewerkschaft und insbesondere gegen ihren Vorsitzenden Claus Weselsky konnte die GDL nach massiven, bundesweiten Streiks einen Erfolg erzielen – mit einem eigenen Tarifvertrag, der auch eigene Akzente setzte. Vor allem akzeptierte in diesem Tarifvertrag die Deutsche Bahn AG, dass das Tarifeinheitsgesetz bis Ende 2020, zugleich das Ende der Laufzeit des Tarifvertrags, nicht angewendet wird. Faktisch gestand damit der Bahnvorstand ein: Die Existenz von zwei Gewerkschaften mit deutlich unterschiedlichen Tarifverträgen ist in und demselben Betrieb dann machbar, wenn der Wille da ist. Was im Übrigen in Westdeutschland ja auch jahrzehntelang der Fall war, etwas in Betrieben, in denen einzelne DGB-Gewerkschaften wie die damalige HBV und die Angestelltengewerkschaft DAG koexistierten – auch damals bereits mit eigenen Tarifverträgen.
Im Frühjahr 2020 zeichnete sich im Rahmen der Corona-Krise ein Ende des relativen Burgfriedens ab. Der Bahnvorstand und das Bundesverkehrsministerium legten ein Papier mit dem Titel „Bündnis für unsere Bahn“ vor, in dem von den Bahnbeschäftigten faktisch Lohnverzicht gefordert wird. Das Papier wurde am 25. Mai 2020 öffentlich vorgestellt – unterzeichnet von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, von Bahnchef Richard Lutz und von Klaus-Dieter Hommel für die Eisenbahn- und Verkehrs-Gewerkschaft EVG. Die GDL verweigerte die Unterschrift. [1]
Im September 2020 einigten sich der Bahnvorstand und die EVG auf einen neuen Tarifvertrag mit, wie auch das Manager-Magazin betont, „ausgesprochen moderaten Lohn- und Gehaltserhöhungen“. Angesichts der vereinbarten 1,5 Prozent nominell mehr Lohn bei einer Laufzeit bis Februar 2023 läuft der Abschluss auf Reallohnabbau hinaus. Wobei der Bahnvorstand dabei davon ausging, am längeren Hebel zu sitzen. So muss die Corona-Krise für die Beschäftigten bedrohlich wirken. Ein Reallohnabbau verbunden mit Arbeitsplatzgarantie erschien da vielen als das kleinere Übel.
Der Bahnvorstand will jetzt gegenüber der GDL offensichtlich das Tarifeinheitsgesetz zur Anwendung bringen. So verlangte er von der GDL, einen weitgehend identischen Tarifvertrag abzuschließen wie derjenige, den die EVG abgeschlossen hatte. Für die GDL würde dies auf Selbstaufgabe hinauslaufen; sie lehnte ab. Im November lehnte sie auch das Ergebnis einer Schlichtung ab, zu der sie sich im 2015er Tarifabkommen verpflichtet hatte. Damit schlug die GDL im Übrigen auch eine angebotene „Corona-Prämie“ in Höhe von 800 Euro aus. Originellerweise fordert inzwischen die EVG, diesen Bonus als Nachschlag für ihren längst abgeschlossenen Tarifvertrag zu erhalten.
Ganz offensichtlich will die GDL sich nicht einkaufen lassen und keinerlei Bindungen haben, um sich einer absehbaren Konfrontation zu stellen. Ab 1. März 2021, wenn die Friedenspflicht endet, verfügt sie über diese Handlungsfreiheit. Wobei der Bahn-Personalvorstand Martin Seiler inzwischen offen droht: „Wir werden das Tarifeinheitsgesetz vom 1. Januar an sukzessive anwenden.“ [2]
Was das heißt, liest sich in der FAZ wie folgt: „In den 330 Betrieben [im Bahnbereich der DB AG; W.W] müsste dann überprüft werden, welche Gewerkschaft die jeweils größere ist. Dem Vernehmen nach gibt es in 66 Betrieben […] Überschneidungen – vor allem bei Lokführern und dem Zugpersonal. Bei der Suche nach der größeren Gewerkschaft wäre die Bahn auf Selbstauskünfte (!) der Mitarbeiter angewiesen, denn nach der Gewerkschaftszugehörigkeit fragen darf der Arbeitgeber nicht. Allenfalls könnten die Ergebnisse der Betriebsratswahlen ein Indiz sein für die Mehrheitsverhältnisse.“
Die GDL ging ihrerseits am 19. November in die Offensive. In einer an diesem Tag beschlossenen Resolution heißt es: „Nun liegt die erneute Kampfansage der DB auf dem Tisch. In bewusster Abkehr von der bisher gelebten Praxis der Tarifpluralität verfolgt der Arbeitgeber das Ziel, unsere hart erkämpften Errungenschaften nicht nur zunichte zu machen, sondern die GDL als gestaltende Kraft im Eisenbahnsektor zu eliminieren. Eine […] kritische Gewerkschaft wird vom Markt gefegt, so das Ziel. Ersetzt werden sollen wir durch den allzeit willfährigen Steigbügelhalter des Arbeitgebers, die EVG. Damit würde für den Bahnvorstand ein kampfstarker Störenfried geschwächt, wenn nicht ausgeschaltet. Die EVG wäre die Konkurrenzgewerkschaft los.“
GDL expandiert
Im Folgenden gibt es in dieser Resolution einen Paukenschlag, dessen Bedeutung in der Öffentlichkeit bislang nirgendwo ausreichend gewürdigt wurde. Dort heißt es: „Daher haben der Hauptvorstand und die Bundestarifkommission der GDL am 17. und 18. November in Dresden entschieden, die selbst auferlegte Beschränkung auf das Zugpersonal aufzugeben und Verantwortung für das Gesamtsystem Eisenbahn und die dort systemrelevanten Berufsgruppen zu übernehmen.“
Das heißt: Die GDL „öffnet sich“ für „Werkstattmitarbeiter, Wagenmeister, Fahrdienstleister, Signaltechniker, Aufsichten und andere Mitarbeiter des direkten Personals in den Eisenbahnverkehrsunternehmen und in den Eisenbahninfrastrukturunternehmen“. Gemeint ist: Die GDL wirbt massiv neue Mitglieder im gesamten produktiven Sektor des Bahnkonzerns. Was auch heißt: Sie begrüßt bisherige EVG-Mitglieder in den eigenen Reihen und fördert deren Übertritte.
Die GDL folgt damit der Logik des Tarifeinheitsgesetzes bzw. der Kampfansage der Deutschen Bahn AG, dieses Gesetz nunmehr anzuwenden. Sie muss die nach Mitgliedern stärkste Gewerkschaft bei der DB werden.
Faktisch läuft dies jedoch nicht primär auf Erbsenzählerei, also nicht auf den Kampf um die größere Zahl der Mitglieder hinaus. Tatsächlich wird es auf die Kampfkraft und auf die Streikbereitschaft ankommen. Und es wird, wenn der Arbeitgeber, gestützt durch Bundesregierung und EVG, nicht einlenkt, auf einen flächendeckenden Streik hinauslaufen.
Wobei die Bundesregierung es sich drei Mal überlegen wird, mitten im Wahlkampf einen Streik zu provozieren. Zumal der Deutsche Beamtenbund (dbb), in dem die GDL Mitglied ist, öffentlich erklärte, die GDL habe die volle Unterstützung des Dachverbands. Was übrigens 2015 nicht der Fall war. Damals ließ der dbb die GDL im Regen stehen und war nicht bereit, den GDL-Streik finanziell zu unterstützen. Die GDL kämpfte ohne diese Unterstützung, voll auf eigenes Risiko – und gewann die Auseinandersetzung. Claus Weselsky: „Wir sind heute stärker als damals. Und vor allem selbstbewusster. Und der Arbeitgeber weiß dies. Er wird dies auch in Rechnung stellen.“
Politische Offensive der GDL
Die Deutsche Bahn steuert in ein Super-Krisenjahr 2021. Der Konzern fuhr 2020 einen Jahresverlust von 5,6 Milliarden Euro ein. Der Schuldenstand liegt Ende 2020 bei 32 Milliarden Euro; auf der letzten Sitzung des Haushaltsausschusses und des Verkehrsausschusses des Bundestags, am 16. Dezember, wurde kurzfristig die Schuldenobergrenze für den Bahnkonzern für den 31.12.2020 und für den 31.12.2021 nochmals angehoben. [3] Damit hat der Bahnkonzern in nur 26 Jahren seiner Existenz bereits deutlich mehr Schulden angehäuft als die Vorgänger Deutsche Reichsbahn und Deutsche Bundesbahn in ihrer 44-jährigen Existenz, seit ihrer Gründung am 24. Mai 1949 und bis zum 31. Dezember 1994. Die fragwürdige Politik, diese Verschuldungspolitik noch dadurch „anzufüttern“, dass der Bund kontinuierlich Finanzzuschüsse zahlt, um das Eigenkapital der Deutschen Bahn AG zu erhöhen, wurde im zweiten Halbjahr 2020 nochmals gesteigert. [siehe: Winfried Wolf, Der stramme Marsch der Deutschen Bahn AG in den Schuldenturm; NachDenkSeiten vom 31. August 2020].
Diese kritische Lage des Bahnkonzerns wird sich 2021 nochmals verstärken. Bereits im Dezember 2020 steht fest, dass die DB AG 2021 einen weiteren Verlust einfahren und den Schuldenstand noch weiter steigern wird. Zwar ist erkennbar, dass die großzügigen Finanzspritzen des Bundes vor allem dazu dienen, ein offenes Aufbrechen der Krise hinauszuzögern und die klaffenden Löcher im Bahn-Etat zuzuschütten. Dennoch wird 2021 vieles, wenn nicht alles auf den Prüfstand gestellt werden. Die Auslandsbeteiligungen werden zum Mühlstein; bei Arriva gab es 2020 einen Abschreibungsbedarf in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Und dies, obgleich Arriva seitens der britischen Regierung knapp 400 Millionen Euro Unterstützungszahlungen erhielt. [4]
Eine andere gigantische Baustelle ist Stuttgart21. Und diese wird 2021 nochmals kritischer für den gesamten Bahnkonzern. Bereits Ende 2020 wurde deutlich, dass der Kosten- und Zeitplan des Projekts Stuttgart21 völlig außer Kontrolle geraten ist. Ein von der Zeitschrift KONTEXT veröffentlichtes bahninternes Papier nennt mögliche zusätzliche Kosten in Höhe von 1,6 Milliarden Euro, womit die Gesamtkosten knapp unter 10 Milliarden Euro liegen würden. Da der Tiefbahnhof mit seinen 50 Kilometer Tunnelstrecken offensichtlich keine ausreichenden Kapazitäten und Reserven für den Deutschlandtakt (Integraler Taktfahrplan) bietet, brachte der Erfinder von Stuttgart21, Professor Gerhard Heimerl, den Bau zusätzlicher Tunnelstrecken mit weiteren 30 bis 40 Kilometer Länge ins Gespräch. Als wolle er die Hilflosigkeit und das Chaos komplettieren, brachte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann den Bau eines zusätzlichen Kopfbahnhofs, im Untergrund, versteht sich, ins Gespräch. In einem Prüfbericht des Bundesrechnungshofs heißt es, dass „selbst das BMVI (Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur; W.W.] das Projekt S21 nicht mehr für verkehrsbedeutsam hält“. Der Rechnungshof erkennt in dem Projekt „bedeutende finanzielle Risiken für den Bundeshaushalt und für den Zustand der Eisenbahninfrastruktur des Bundes.“ [5]
Die Führung der GDL hat ein ziemlich klares Bild vom desolaten Zustand der Deutschen Bahn AG – in finanzieller sowie in personeller Hinsicht. Sie ist sich darüber klar, dass dies auch die Rahmenbedingungen für den absehbaren, harten Tarifkonflikt sind. Entsprechend geht die GDL inzwischen auch in die politische Offensive. Sie fordert unter anderem – und richtigerweise – den Verkauf der Auslandsbeteiligungen der DB AG und einen deutlichen Abbau des Personals in den oberen und obersten Manager-Ebenen des Bahnkonzerns.
Die Politisierung, die diese Auseinandersetzung mit sich bringt, sollte auch dazu führen, dass die GDL die zerstörerischen und immense Geldsummen verschlingenden Großprojekte der Deutschen Bahn AG – u.a. mit der Verlegung des Bahnhofs Altona nach Diebsteich und mit Stuttgart21 – in ihre Kritik einbezieht. Die Feststellung der GDL in der zitierten Resolution, man werde „Verantwortung für das Gesamtsystem übernehmen“, legt eine solche Konkretisierung nahe. Es ist unverantwortlich, in Hamburg den mitten im Stadtteil Altona liegenden Bahnhof aufzugeben und diesen an den Stadtrand zu verlegen; bei gleichzeitiger Gefährdung des Autozugverkehrs. Es ist unverantwortlich, in Stuttgart einen Tief- und Schrägbahnhof zu bauen, der ein regelwidriges Gefälle von mehr als 15 Promille hat. Jeder verantwortungsbewusste Lokführer muss es ablehnen, in einen solchen Bahnhof einzufahren.
Doch im Bahnvorstand scheint man weit entrückt von Krise, Schuldenbergen und drohendem Arbeitskampf. Die Verantwortlichen der Deutschen Bahn AG trieben ihren Global-Player-Wahn auch im Corona-Jahr auf neue Spitzen. So investierte Schenker 2020 in Singapur in ein neues Frachtzentrum, das „mit 101 Millionen Euro die höchste Investition in der fast 150-jährigen Geschichte des Unternehmens“ darstellt. [6] In einem ausführlichen Bericht wird als Tätigkeit der Beschäftigten der Bahn-Tochter u.a. wie folgt beschrieben: „Gut hundert Luxusfüllhalter hat Ng Lu Hua in der vergangenen Stunde schon gegen die grelle Lampe gehalten und nach Kratzern gesucht. […] Ist der Glanz gebrochen, zieht ein Manager den Edelstift ein. Den hat der Markenkonzern in die Lagerhalle entsandt. Die Halle ist ein Neubau der Deutschen Bahn in Singapur. Damit nichts verschwindet, tragen die Schenker-Leute Hosen ohne Taschen. Sie werden alle am Ausgang der Halle durchleuchtet. Die Verlockung ist gegeben.“
Wir erinnern uns: Der jetzige Bahnvorstand Ronald Pofalla fiel als CDU-Abgeordneter im Deutschen Bundestag in den Jahren 2006 bis 2009 ja dadurch auf, dass er aus Mitteln für den MdB-Bürobedarf Montblanc-Luxusschreibgeräte im Wert von exakt 14.722,32 Euro orderte. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Quelle: Nachdenkseiten
Anmerkungen
[«1] In dem Text heißt es, dass „die Tarifpartner diese Krise gemeinsam […] bewältigen“. Dabei sollte „die Hälfte der im Systemverbund Bahn entstehenden Lücke entsprechend der heutigen Kostenstruktur von Personal- und Sachkosten durch (eine) Gegensteuerung ausgeglichen werden“. Später wurde das dahingehend konkretisiert, dass bis 2024 zwei Milliarden Euro bei den Personalkosten eingespart werden sollen.
[«2] Zitiert in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19. Dezember 2020.
[«3] 2020 gab es – unbemerkt von der Öffentlichkeit – im Bundestag bereits zwei Mal hektische Entscheidungen des Haushaltsausschusses und des Verkehrsausschusses, kurzfristig die Obergrenze der Verschuldung des Staatskonzerns Deutsche Bahn AG anzuheben. Dies erfolgte erstmals am 27. Mai, als diese Obergrenze von 25 Milliarden Euro auf 30 Milliarden Euro angehoben wurde. Und es erfolgte nochmals am 16. Dezember, als festgelegt wurde, „die Netto-Finanzschulden der DB AG“ dürften „den Zielwert von 32 Milliarden Euro am 31. Dezember 2020 sowie von 35 Milliarden Euro am 31. Dezember 2021 nicht überschreiten“. Siehe: Vorläufiges Protokoll Haushaltsausschuss vom 16. Dezember 2020, bezugnehmend auf den „Bericht der Bundesregierung zum aktuellen Sachstand in Bezug auf die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die deutsche Bahn AG – BMF-V 260/2020.
[«4] Bis Mitte 2020 flossen 368 Millionen Euro Finanzhilfen, bezahlt von der britischen Regierung, Arriva zu. Mitteilung der Bundesregierung vom 8.9.2020 an den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Bundestags. Aktenzeichen L 11/154/.2/2-02/19. In der FAZ vom 29. Juli 2020 schrieb Kerstin Schwenn unter der Überschrift „Teure Arriva“: „Jetzt lässt sich schlaumeiern: Besser hätte die Bahn Arriva 2019 zum Schleuderpreis verkauft, als auf den Milliardendeal zu warten. Wäre die Bahn ein normales Unternehmen, würde sie für diese verpasste Chance haften. Dem Staatsunternehmen wird derzeit alles verziehen.“ Tatsache ist, dass das Bündnis Bahn für Alle seit einem Jahrzehnt den Verkauf von Arriva fordert. Und dass die DB vor fünf Jahren damit mehr als 3 Milliarden Euro erlöst hätte.
[«5] Bundesrechnungshof, Bericht an den Rechnungsprüfungsausschuss des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestags vom 13. September 2019. Der Bericht wurde ein Jahr lang geheimgehalten; er wurde von dem Journalisten Thomas Wüpper ans Licht der Öffentlichkeit befördert.
[«6] Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11.8.2020.