Wieder einmal hat ver.di einen Reallohnverlust abgeschlossen!
Am Samstag den 9. Dezember präsentierten die Verhandlungsführer:innen von Verdi und der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) das Verhandlungsergebnis für den Tarifvertrag für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).
Dieses Ergebnis enthält eine durchschnittliche Tariferhöhung von 11,58 %. Je nach Lohngruppe beträgt die Erhöhung damit zwischen rund 8,5 % und 16,8 %.
Ab November 2024 gibt es eine tabellenwirksame Lohnerhöhung von 200 EUR und ab Februar 2025 eine Erhöhung um 5,5 %. Für Azubis, Praktikant:innen gibt es ab November 2024 eine Lohnerhöhung von 100 EUR und zum Februar 2025 nochmal 50 EUR.
Die Vertragslaufzeit beträgt 25 Monate bis 31. Oktober 2025.
Was bedeutet das für die Kolleg:innen?
Lohnerhöhung hört sich immer gut an. Aber wie sieht die Realität aus?
Seit der Lohnerhöhung vom 1.1.2021 haben wir nur einmal einen Aufschlag auf den Lohn bekommen: Im Dezember 2022 gab es ein Plus von 2,8 %. Seit Anfang 2021 haben wir jedoch eine Inflation von 16,3 % erlebt und damit einen Reallohnverlust von 14%. Mit seinem durchschnittlichen Plus von 11,5 % gleicht das aktuelle Tarifergebnis damit NICHT EINMAL den Reallohnverlust der letzten zwei Jahre aus – es handelt sich um eine 2,5 Prozentige Lohnsenkung.
Und die Inflation von 2024 und 2025 ist dabei noch gar nicht mit eingepreist, wo wir mit mindestens weiteren 5 % Inflation rechnen müssen. Im Klartext: Im November 2025 wird unser Lohn gegenüber Anfang 2021 um voraussichtlich rund 7-8 % gesenkt worden sein.
Diesen DAUERHAFTEN Verlust unseres Lebensstandards macht auch das „Inflationsausgleichsgeld“ nicht wett. Es beträgt 3000 Euro, davon 1800 EUR sofort und 120 EUR monatlich von Januar bis Oktober 2024. Für niedrig bezahlte Azubis, Praktikant:innen und Dualstudierende springt die Hälfte raus.
Jede Person, welche auf diesen „Inflationsausgleich“ pocht müssen wir ganz klar auf den dauerhaften Lohnverlust hinweisen!
Junge Arbeiter:innen besonders betroffen
Besonders bitter sieht es für junge Arbeiter:innen im öffentlichen Dienst aus.
Azubis, Praktikant:innen und Dualstudierenden stehen mit ihren niedrigen Löhnen vor großen Herausforderungen. Das jetzige Ergebnis wird ihre Verarmung durch Horror-Mieten und steigende Lebensmittelpreise nicht aufhalten können.
Die Forderung der Studentischen Hilfskräfte nach einem an TV-L gekoppelten Tarifvertrag (TV-Stud) wurde nicht durchgesetzt. Stattdessen wurde lediglich ein Mindestlohn von 13,25 EUR zum Sommersemester 2024 mit Erhöhung auf 13,98 EUR zum Sommersemester 2025 verabschiedet.
Sozialpartnerschaft „wirkt“: Zum Nachteil von uns Arbeiter:innen
Während wir mit Lohnsenkungen darstehen, konnten die Ländervertreter mit dem Verhandlungsergebnis ihre Ziele voll und ganz erreichen. Die Einsparungen in den öffentlichen Ausgaben werden durch diesen Abschluss unterhalb des Inflationsausgleiches umgesetzt.
Wie so die Personalrückstände in Behörden, Ämtern, Kitas usw, behoben und motivierter Nachwuchs gefunden werden soll, bleibt weiter ein ungelöstes Problem. So werden Unterbesetzung und Ausnahmezustand in diesen Einrichtungen weiter zum Alltag gehören, worunter alle Arbeiter:innen leiden, sei es als Beschäftigte mit schlechten Arbeitsbedingungen, oder als Nutzer:innen.
Mit Nein Stimmen!
In einer Mitgliederbefragung bis Mitte Januar wird nun über das Verhandlungsergebnis abgestimmt werden, wobei eine Zustimmung über 25 Prozent eine automatische Annahme des Verhandlungsergebnis bedeutet. Von Seiten Ver.dis wird nun versucht einen „Verhandlungserfolg“ vorzutäuschen.
Wir als ÖD-Arbeiter:innen des Kollektivs „Betriebskampf“ – sowie weitere solidarische Kolleg:innen – hingegen lehnen dieses Ergebnis klar ab.
Die verhandelnden Gewerkschaften zeigten einmal mehr, dass sie nicht ausreichen um den Kampf von uns Arbeiter:innen zu organisieren. Selbst der enge gesetzliche Rahmen für legale Streiks wird nicht annähernd ausgeschöpft. Betriebe werden nur tröpfchenweise und nacheinander zum Streik aufgerufen, die Kolleg:innen nicht rechtzeitig informiert und wenn sie Innitiative ergreifen, wird diese schnell abgewürgt. Dieses Streiktheater beeindruckt weder Staat noch Konzerne.
Wir rufen alle betroffenen Ver.di-Kolleg:innen deshalb auf, mit „Nein“ bei den Mitgliederbefragungen zu stimmen!
Eigenständig Handlungsfähig werden!
Um unsere Interessen durchzusetzen, müssen wir darum kämpfen eine konsequent kämpferische – eine klassenkämpferische – Kraft in den Betrieben aufzubauen. Das erreichen wir durch den Aufbau von Betriebsgruppen und einer überbetrieblichen Vernetzung dieser. Zentral ist dabei die Erkenntnis: Keiner wird für uns die Kastanien aus dem Feuer holen! Wir müssen mit unseren Kolleg:innen diskutieren und diese aktivieren im Kampf für unsere gemeinsamen Interessen als Arbeiter:innen.
Um sich nicht als Einzelkämpfer:in an der betrieblichen Arbeit die Zähne auszubeißen ist es wichtig sich gegenseitig zu unterstützen und dafür eine Vernetzung zu schaffen. Eine, in der wir voneinander lernen können und konkrete Schritte gehen im Aufbau einer klassenkämpferischen Arbeiter:innenbewegung.