Metall-Tarifrunde ohne Streiks?

Lassen sich unter Corona-Bedingungen massive Warnstreiks starten? In der anstehenden Tarifrunde für rund 3,9 Millionen Beschäftigte der deutschen Metall- und Elektroindustrie will die IG Metall diese Frage möglichst lange offen halten.

Denn Beschäftigte in Kurzarbeit oder im Homeoffice lassen sich nur schwer für einen Arbeitskampf mobilisieren. Immerhin zehn Wochen Zeit habe man von den ersten Verhandlungsrunden Mitte Dezember bis zum Ende der Friedenspflicht am 1. März 2021, um mit den Arbeitgebern zu einem tragfähigen Kompromiss zu kommen, hat der Erste Vorsitzende Jörg Hofmann intern vorgegeben.

Angesichts der wirtschaftlichen Verwerfungen in der Pandemie und der sehr unterschiedlichen Schlussfolgerungen daraus scheint das zumindest ein ambitioniertes Ziel zu sein. Noch steht nicht einmal die Forderung der Gewerkschaft fest, wenngleich die für diesen Montag (9. November) angekündigte Empfehlung des Vorstands einen deutlichen Fingerzeig geben wird, wohin die Reise in der Tarifrunde 2021 geht. Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 bewegt sich „die Zahl“ stets im Rahmen zwischen 5 und 6,5 Prozent, dazu kamen regelmäßig „qualitative“ Elemente wie Arbeitszeitverkürzungen für bestimmte Personengruppen.

Die Tarifpartner haben schon länger nicht mehr intensiv miteinander verhandelt. Zu Beginn der Corona-Krise wurde im März die ohnehin bereits rekordverdächtige Laufzeit des Abschlusses von 2018 von 27 Monaten noch einmal um 9 weitere Monate verlängert – ohne Tabellenerhöhung, wie Hofmann spitz anmerkt.

Trotz des geplanten Abgangs von Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger an die Spitze des Arbeitgeber-Dachverbands BDA kennen sich die Kontrahenten bestens. Dulgers designierter Nachfolger Stefan Wolf hat in Stuttgart mit dem dortigen IG-Metall-Bezirkschef Roman Zitzelsberger den Pilotabschluss 2018 gezimmert und auch Jörg Hofmann stammt aus der immer noch maßgeblichen Metall-Tradition des Ländle.

In der Tarifrunde 2021 preist die IG Metall die Viertagewoche als zusätzliches Flexibilisierungsinstrument für kriselnde Unternehmen, die so ihre Belegschaften an Bord halten könnten. Voll ausgelastete und florierende Betriebe müssten hingegen die Arbeitszeit nicht verkürzen und könnten stattdessen ihren Beschäftigten höhere Entgelte zahlen.

Die Gewerkschaft will wegen der unterschiedlichen Lage der Betriebe nicht schlicht höhere Löhne fordern, sondern ein Volumen. Dieses könnte dann auf Betriebsebene für höhere Stundenlöhne oder im Krisenfall als Teillohnausgleich für ausgefallene Arbeitszeit verwendet werden.

Allerdings würde sich damit der Faktor Arbeit auch für kriselnde Unternehmen verteuern. Der designierte Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf hat von den Beschäftigten bereits Mehrarbeit ohne vollen Lohnausgleich als Krisenbeitrag verlangt. Die Firmen müssten je nach Auftragslage von der starren 35-Stunden-Woche abweichen dürfen und sollten auch weniger Zuschläge beispielsweise für Spätarbeit zahlen müssen, meint der Chef des Autozulieferers ElringKlinger. Er will im Flächentarif einen Mechanismus verankern, der es kriselnden Unternehmen automatisch erlaubt, nach unten abzuweichen.

Quelle: idowa.de