Streikposten auf Firmengelände erlaubt

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Der US-Versandhändler Amazon ist hierzulande mit Verfassungs­beschwerden gegen Arbeits­kämpfe auf betriebseigenen Parkplätzen gescheitert. Für die Gewerkschaft ist das ein Erfolg.

Die Beschäftigten des US-Versandhändlers Amazon dürfen auf den Parkplätzen der Firma streiken. Die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hat zwei Verfassungsbeschwerden des Unternehmens nicht zur Entscheidung angenommen. Damit bestätigte das Gericht entsprechende arbeitsgerichtliche Urteile. Amazon werde durch die Streiks „nicht in ihren Grundrechten auf Eigentum und unternehmerische Handlungsfreiheit verletzt“, teilte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe am Mittwoch mit (Az. 1 BvR 719/19, 1 BvR 720/19).

Die Gewerkschaft sei auf die Möglichkeit angewiesen, Beschäftigte ansprechen zu können, um ihre Rechte aus Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz auszuüben. Zu dieser im Grundgesetz geschützten Tarifautonomie gehörten auch der Abschluss von Tarifverträgen und Arbeitskampfmaßnahmen einschließlich Streiks. Gewerkschaften müssten daher auch Arbeitswillige vor Antritt der Arbeit ansprechen und sie zum Streik mobilisieren können, so das Gericht. Zudem hätten Beschäftigte trotz der Streiks parken und zur Arbeit gehen können. Die Maßnahmen seien daher zumutbar.

Die Gewerkschaft Verdi versucht seit Jahren, hierzulande den Versandhändler zur Anerkennung der regionalen Flächentarifverträge des Einzel- und Versandhandels zu bringen. Amazon ist ein tarifungebundenes Unternehmen und lehnt den Abschluss eines Tarifvertrags vehement ab. Die Firma argumentiert zudem, sie sei ein Logistikunternehmen und bezahle daher ihre Beschäftigten entsprechend.

Verdi hatte 2015 und 2016 auf den firmeneigenen Amazon-Parkplätzen in Pforzheim und Koblenz Stehtische aufgebaut, um die Amazon-Beschäftigten zum Streik aufzufordern. Die Parkplätze befanden sich vor dem Haupteingang des Betriebs und sie waren durch Schilder als Privatgrundstücke gekennzeichnet. Amazon wollte die Streikposten auf ihrem Firmengelände aber nicht hinnehmen und berief sich auf ihr Hausrecht auf den Parkplätzen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied jedoch am 20. November 2018, dass die Streikmaßnahmen dort hinzunehmen seien (AZ: 1 AZR 189/17 und 1 AZR 12/17). Denn habe eine Gewerkschaft keine andere Möglichkeit, „die zur Arbeitsniederlegung aufgerufenen Arbeitnehmer unmittelbar vor dem Betreten des Betriebes anzusprechen“, müsse dies eben auf dem Betriebsgelände erfolgen.

Quelle: Süddeutsche Zeitung