Gestern, am Dienstag, streikten bundesweit die Beschäftigten im öffentlichen Personennahverkehr. Bei den Streikposten der ver.di auf dem Betriebshof Nord der Kölner Verkehrsbetriebe sprachen wir mit Michael Munkler, Gewerkschaftssekretär von ver.di.
Herr Munkler, können Sie uns bitte etwas darüber sagen, wer heute hier streikt?
Naja, die Beschäftigten der KVB sind zum Streik aufgerufen. Hier am Betriebshof Nord haben wir zum Teil Werkstatt, vor allen Dingen aber den Busbetrieb der KVB.
Können Sie uns etwas zu den Forderungen sagen?
Wir haben ja drei Tarifrunden aktuell. Einmal die Tarifrunde für den öffentlichen Dienst, wo es um eine Entgelthöhung geht. Da fordern wir 4,8% – mindestens aber 150€. Dann haben wir eine Tarifrunde für den Nahverkehr in NRW, und wir haben eine Tarifrunde Nahverkehr bundesweit, weil alle Tarifverträge aller Länder gekündigt worden sind. Und wir haben die Arbeitgeber aufgefordert, einen bundeseinheitlichen Rahmentarifvertrag zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im gesamten öffentlichen Nahverkehr herzustellen. Die Arbeitgeber verweigern diese Verhandlungen. Deswegen haben wir heute zum Streik aufgerufen, für die Durchsetzung eines bundeseinheitlichen Tarifvertrags, für den Nahverkehr.
Wie stehen Sie zur der Debatte um eine Nullrunde? Das wird ja von vielen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden gefordert, oder teils unterstützt eben seitens der Gewerkschaften. Wie ist da Ihre Position?
Also ich kenne keine ernstzunehmende Gewerkschaft, die eine Nullrunde befürwortet. Was immer wieder in der Diskussion ist, ist die Frage, ob ein Inflationsausgleich ausreichend ist. Da sage ich nein: die Gehälter im öffentlichen Nahverkehr sind so niedrig, dass man nach 40 Jahren Arbeit nicht in Rente gehen kann, ohne auf der Grundrente zu landen. Deswegen sind wir der Auffassung, dass da was getan werden muss.
Darüber hinaus ist es so, dass man aus der Politik immer hört, wir wollen Klimawandel bekämpfen, wir wollen Verkehrswende und Verkehrswende kann ökologisch und sozial nur zusammen gedacht werden und die Busse auf Elektro, oder Wasserstoff reicht nicht. Wir brauchen mehr ÖPNV – dafür brauche ich auch mehr Personal und dieses Personal muss ordentlich bezahlt werden. Wir haben heute schon 15.000 Beschäftigte, die fehlen, Arbeitsplätze, die ausgeschrieben sind und nicht belegt sind, und ich werde dieses Personal nicht kriegen mit den Arbeitsbedingungen und den Löhnen, die wir haben.
Es freut uns sehr, dass Sie sich hier zusammen gefunden haben, dass sie diesen Weg bestreiten. Leider fällt uns doch auf, dass dieser Streik nicht von jedem unterstützt wird und dass es auch böse Anfeindungen gibt darüber, dass die Menschen, die im öffentlichen Nahverkehr arbeiten, heute streiken, weil dann beispielsweise die Züge der Deutschen Bahn überfüllt sind. Was würden Sie diesen Menschen mitgeben?
Naja, wenn jemand mal guckt, wird er in der Geschichte der Bundesrepublik keinen einzigen Tag erleben, wo irgendjemand gesagt hat, „boah super, toll dass ihr streikt“. Streiks sind immer unwillkommen, weil sie natürlich den täglichen Ablauf stören. Von jedem. Von denen, die streiken, genauso wie von den Menschen, die von den Streiks betroffen sind. Aber wir sind gezwungen, weil die Arbeitgeber die Corona-Pause, nenne ich es mal, nicht genutzt haben, sich Gedanken zu machen, sondern von vornherein gesagt haben, wir verhandeln nicht. Und die einzige Möglichkeit, die die Werktätigen haben, ihre Rechte durchzusetzen, ist mit einem Streik zu sagen: Wir sind streikfähig, wir stehen hinter den von uns gemachten Forderungen, und wir sind auch bereit, die durchzusetzen.
Quelle: Perspektive Online